Pressespiegel zu der umstrittenen Lesung "‘S IST LEIDER KRIEG"
Donnerstag 25.10.07, 10:15 Uhr

Ruhr Nachrichten vom 25.10.2007


´s leider Krieg … … zwischen Steckel und Lammert

Ex-Intendant kritisiert Auftritt in Bochum
Von Bettina Jäger

BOCHUM Auch wenn sich Kriegs-Metaphern an dieser Stelle eigentlich verbieten: Der ehemalige Bochumer Intendant Frank Patrick Steckel fährt schweres Geschütz gegen den Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und den scheidenden Triennale-Chef Jürgen Flimm auf. In einem offenen Brief fordert Steckel den jetzigen Intendanten Elmar Goerden auf, den beiden einen Auftritt im Bochumer Schauspielhaus zu verwehren. „Heuchelei“ wirft er ihnen vor und beschuldigt sie, „Angehörige kriegstreibender Parteien“ zu sein.
„´s leider Krieg“ heißt der Abend, den Flimm (SPD) und Lammert (CDU) gemeinsam auf die Beine gestellt hatten. Schon bei der Triennale mit großem Erfolg aufgeführt, soll das Programm mit Texten gegen den Krieg am 11. November in den Kammerspielen erneut gezeigt werden.

„Heuchelei von Berufspolitikern und Kunstfunktionären“
„Die Bühnen eines Schauspielhauses sind der Verstellungskunst der Schauspieler vorbehalten – für die Heuchelei von Berufspolitikern und Kunstfunktionären ist da kein Platz“, hatte Steckel kritisiert. „Und was kann es anderes sein als Heuchelei, wenn Angehörige der kriegstreibenden Bundestagsparteien Texte gegen den Krieg lesen?“ Der Brief endet mit dem Aufruf: „Lassen Sie nicht zu, dass das Schauspielhaus Bochum zu einer Plattform für diejenigen wird, die den Frieden predigen und den Krieg schüren.“

„Gespräch weniger medienwirksam“
Elmar Goerden allerdings weigerte sich postwendend, den Auftritt abzusetzen. Der Abend stehe nicht im Zeichen politischer Statements, sondern der Literatur. „Wenn ein Theatermacher und der Präsident des deutschen Bundestages sich vornehmen, dem Thema Krieg literarisch nachzuspüren, ist das Vorhaben nicht zu verurteilen.“ Goerden betont, er habe sich statt eines offenen Briefes lieber ein offenes Gespräch gewünscht. Aber das sei, so Goerden mit einem Seitenhieb, „natürlich weniger medienwirksam.“

„Dieser Brief kommentiert sich ja wohl selbst“
Und Norbert Lammert? Der ging auf die Vorwürfe nicht ein. „Dieser Brief kommentiert sich ja wohl selbst“, sagte er. Aber er machte deutlich, wie sehr ihm das Projekt „´s leider Krieg“ am Herzen liegt. Schon lange habe er den Plan geschmiedet, einen solchen Abend mit dem Schauspieler Ulrich Matthes zu verwirklichen. Weil Matthes 2007 nicht abkömmlich war, war Lammert gemeinsam mit Flimm aufgetreten. Die Texte habe er selbst zusammengestellt, betonte Lammert, sie reichen von Schiller über Grass bis zu Remarque. „Alles resultiert aus einer jahrzehntelangen Beschäftigung mit Literatur“, so der Bochumer. Eine Frage in Richtung Steckel konnte er sich dann aber doch nicht verkneifen – nämlich die, warum sich Theatermacher eigentlich politisch äußern dürfen, wenn Politiker nicht auf der Bühne stehen dürfen …

Quelle: www.ruhrnachrichten.de