Rede von Günter Gleising (Soziale Liste) zur Energiepolitik in der Ratssitzung am 18. 10. 2007
Freitag 19.10.07, 16:00 Uhr

Energiemix und alternative Energien stärken


Wir begrüßen die Initiative der Linken im Rat, weil der Antrag dazu führt, über die Energiepolitik in der Stadt zu diskutieren. Wir stehen auch dem Ansinnen, eine Klimakonferenz durchzuführen aufgeschlossen gegenüber und sehen hierfür in der AGENDA Bochum 21 auch ein Gremium das deren Vorbereitung übernehmen könnte.
Trotzdem werden wir dem Antrag für ein Kohlemoratorium nicht zustimmen.
Die Soziale Liste im Rat unterstützt den von den Stadtwerken Bochum schon vor Jahren eingeschlagenen Kurs, sich von der Abhängigkeit der Kohle zu lösen und stattdessen auf einen Energiemix zu setzen.
Nur dieser Energiemix aus verschieden Energiearten kann es aus unserer Sicht erlauben, die Grundlagen zu schaffen, den Ausstieg aus der Atomenergie zu betreiben, die ökologische Wende zu erreichen und die Energiepreise moderat zu gestalten.
Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die Beteiligung der Stadtwerke am Bau des Gas- und Dampfturbinenkraftwerks in Hamm-Uentrop sowie dem Kohlekraftwerk in Lünen und das damit verbundene Ziel selbst in die Stromproduktion einzusteigen.
Gleiches gilt für den Bau des Erdgasspeichers Epe.
Damit bietet sich für die Stadtwerke Bochum die Möglichkeit, eine größere Unabhängigkeit von den Energiekonzernen zu erreichen, man könnte auch sagen dem Energiekartell.
Wie notwendig gerade diese größere Unabhängigkeit ist, wird aktuell durch die Preisbeschlüsse von u. a. von RWE und den nachfolgenden Aktiensprüngen nach oben eindrucksvoll bestätigt. (Allein die Aktien von RWE sind in den letzten zehn Jahren um 180 % gestiegen)
Diese Politik der Stadtwerke Bochum trägt zur Erfüllung ihrer Hauptaufgabe bei, Energie, Wasser und Dienstleistungen zu einem fairen und günstigen Preis zur Verfügung zu stellen.
Das Kohlekraftwerk in Lünen hat darüber hinaus noch den Vorteil, dass eine Option auf den Einsatz der Ruhrkohle bestehen bleibt.
Das Ausmaß des Ersatzes von Kohlekraftwerken durch Gaskraftwerke, wie er von einigen jetzt bundes- und landesweit propagiert wird hätte aus unserer Sicht fatale Folgen für die Preisentwicklung. Allein eine derartige Ankündigung würde die Gaspreise enorm in die Höhe treiben. Ein noch drastischerer Anstieg der Gasverbrauchspreise für Kleinverbraucher wäre die Folge.
Wie, vielleicht gut gemeinte, Energiepolitik sich ins Gegenteil verkehren kann, sehen wir derzeit beim BIO-Diesel, anderen BIO-Energieerzeugnissen und der Stromgewinnung. Durch den vermehrten Einsatz von Weizen, Mais, Zucker, Palmkernen und anderen Lebensmittel zur Energieerzeugung verzeichnen wir weltweit, vor allen in den Ländern der dritten Welt höhere Lebensmittelpreise.
Hinzu kommt das die Anbauflächen für derartige Produkte durch Rodung von Wäldern vergrößert wird mit allen schädlichen Wirkungen für das Klima und den
CO 2 Ausstoß.
Vor diesem Hintergrund halte ich den von den Stadtwerken erreichten Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung durch Wasserkraft, Windkraft und Sonnenenergie von 20 % und dessen geplante weitere Erhöhung für beachtlich. Zum Vergleich: dieser Anteil liegt auf Bundesebene lediglich bei 11 %.
Gleichzeitig müssen weitere Beiträge, das ist unbestritten, zur Verringerung der CO2-Emissionen geleistet werden, ebenso wie zur Zurückdrängung des immer noch hohen Anteils (29 %) an Atomstrom.
Hierzu sind weitere Investitionen in die Zukunftstechnologie Geothermie, z. B. des Projektes „Prometheus“, ebenso notwendig, wie in erneuerbare Energiegewinnung. Auch eine Dezentralisierung von Energieerzeugung und Nutzung kleinerer Energievorhaben ist sinnvoll, wie zum Beispiel die Nutzung der warmen Grubenwasser, von Faulgasen bei den Klärwerken oder der Wasserkraft an den Wehren an der Ruhr.
Vor allem, und das ist kaum noch ein Diskussionsgegenstand, muss Energie gespart werden. Auf der Intern. Automobilausstellung in Frankfurt wurden wieder Karossen mit 500 und mehr PS vorgeführt, war die Verringerung des Benzinverbrauches kein, oder kaum ein Diskussionsgegenstand. Zu Weihnachten produzieren wieder 1 bis 2 Kraftwerke in Deutschland Strom ausschließlich für die ausufernde Weihnachtbeleuchtung.
Was wir brauchen, und das ist lebens- und überlebenswichtig, ist ein drastisches herunterfahren des Energieverbrauchs. Wir brauchen ein Umdenken. Nicht der möglichst hohe Energieverbrauch darf begünstigt werden, sondern der sparsame und niedrigere.
Also: Kohlemoratorium nein! Klimakonferenz ja!
Abschließend noch eine Bemerkung:
Wir möchten die heutige Diskussion über die Energiepolitik nutzen um die Stadtwerke aufzufordern, keine Energie einzukaufen, die aus Lebensmitteln (Raps, Zucker, Palmkerne, Getreide. Mais) erzeugt wurde.
Die Energiegewinnung aus Lebensmitteln trägt zur weltweiten Verteuerung und Verknappung von Lebensmitteln, zur drastischen Rodung von Waldflächen und Erhöhung des Treibhauseffektes bei.
Das Verbrennen zum Beispiel von Weizen um Strom zu gewinnen ist ethisch nicht zu vertreten und angesichts des weltweiten Hungers nicht hinnehmbar.